Seine Liebe hält mich fest...!
Zwei Tage nach dem Auffinden der Leiche von Elahe Hosseinnejad wurden Berichte über das Verschwinden zweier jugendlicher Mädchen namens Yasna Shahgoli und Sara Eghbalshah veröffentlicht.
Es hieß, dass Yasna und Sara, beide Taekwondo-Sportlerinnen, am Donnerstag das Haus verlassen hätten, um an einem Training teilzunehmen, und dass seit drei Tagen niemand etwas von ihnen gehört habe. Doch vor wenigen Stunden berichteten einige Nachrichtenagenturen, dass die beiden Mädchen gefunden worden seien und die Details ihres Verschwindens in den letzten drei Tagen derzeit untersucht würden.
Die Nachricht von Elahe Hosseinnejads Ermordung und dem Verschwinden der beiden Jugendlichen hat die Öffentlichkeit in Schock und Angst versetzt.
Bürger fragen sich, wie es sein kann, dass in einem Land, in dem Protestierende innerhalb weniger Stunden identifiziert und festgenommen werden, und in dem städtische Kameras zur Gesichtserkennung von Demonstranten und Frauen ohne Zwangsverschleierung genutzt werden, junge Mädchen spurlos verschwinden können.
Die Ermordung von Elahe Hosseinnejad hat erneut die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den geringen Wert gelenkt, den das Leben der Bürger in einem zutiefst fehlerhaften und ungleichen System besitzt – sowie auf die Unfähigkeit des Regimes, Sicherheit zu gewährleisten.
Dieser Bericht versucht, Fragen zu beantworten, die sich der Bevölkerung angesichts dieses Vorfalls stellen:
Was kann man tun, wie kann man sich selbst in einer von Gewalt, Armut und sozialem Zerfall geprägten Gesellschaft schützen? Welche Verantwortung tragen die Bürger, und wo liegen die Fehler von Polizei und Behörden?
Zehn Tage voller Ungewissheit, Angst, Hoffnung und schließlich das bitterste denkbare Ende: die Ermordung von Elahe Hosseinnejad, einer 24-jährigen Frau aus Islamshahr.
Laut ihren Social-Media-Profilen war sie lebensfroh, gesellschaftlich engagiert, unabhängig und berufstätig.
Der Leiter der Kriminalpolizei Teherans gab am Donnerstag, dem 15. Chordad 1404 (5. Juni 2025), bekannt, dass die Leiche von Elahe Hosseinnejad entdeckt wurde. Sie sei das jüngste Opfer des sprunghaften Anstiegs von „Straßenraubüberfällen“ in Iran. Die junge Frau, die als Nageldesignerin in einem Schönheitssalon im Teheraner Stadtteil Sa’adatabad arbeitete, war am 4. Chordad (25. Mai) auf dem Heimweg spurlos verschwunden.
Widersprüchliche Berichte über den Mord und den Täter
Die Nachrichtenagentur Rokna war eines der ersten inländischen Medien, das über die Tat berichtete. In den ersten Meldungen hieß es unter Berufung auf Mizan, das Sprachrohr der Justiz, dass die junge Frau auf dem Heimweg in ein silbernes „Samand“-Auto gestiegen sei. Der Fahrer, der „dunkle Absichten“ gehabt habe, habe nach ihrem Widerstand zwei Messerstiche in ihre Brust versetzt, sie ermordet und ihre Leiche in der Wüste rund um Teheran abgelegt.
Auch die Nachrichtenagentur Tasnim berichtete von einem versuchten sexuellen Übergriff. Wenige Stunden später behauptete jedoch Fars News, dass diese Aussagen von „feindlichen Medien“ stammten und die Gerichtsmedizin keinen sexuellen Übergriff bestätigt habe.
Einen Tag nach der Bekanntgabe des Mordes wurden zahlreiche Video- und TV-Berichte über die Geständnisse des Täters veröffentlicht. Zunächst hieß es, ein Mann sei als Fahrer und Haupttäter zusammen mit dem Eigentümer des Autos festgenommen worden. In seinem Geständnis sagte der Hauptverdächtige vor laufender Kamera, er habe das Auto seines Freundes für Fahrdienste genutzt, obwohl zuvor behauptet wurde, das Auto gehöre seinem Bruder.
Der Täter habe bei dem Versuch, das Handy des Opfers zu stehlen, auf ihren Widerstand reagiert und sie letztlich erstochen. Der Leiter der Kriminalpolizei nannte Raub und Misshandlung als Tatmotive:
„Als die Frau ihr Ziel erreicht hatte und den Fahrpreis zahlen wollte, reagierte der Fahrer gewalttätig. Beim Anblick ihres teuren Handys entschied er sich, es zu rauben, aber sie leistete heftigen Widerstand. Der Täter stach mit großer Brutalität drei- bis viermal in ihre Brust, was sie sofort tötete. Anschließend warf er die Leiche in der Nähe des Flughafens in der Wüste ab.“
Unwirksame Gesetze im Kampf gegen Entführer iranischer Mädchen
Laut iranischen Medien handelt es sich bei dem Täter um einen vorbestraften Dieb. Der mutmaßliche Mörder, Bahman Farzaneh, stand offenbar kurz vor der Trennung von seiner Frau. Diese sagte im Interview mit Rokna, sie habe sich wegen gewalttätigem Verhalten und krankhafter Eifersucht von ihm getrennt.
Untersuchungen von IranWire ergaben, dass das silberne Samand-Auto weder seinem Bruder noch seinem Freund gehörte. Der Täter hatte das Auto gekauft, jedoch das Nummernschild nicht gewechselt.
Er arbeitete zeitweise als Snapp-Fahrer (iranisches Uber) und lebte angeblich am Rande Teherans – manche Berichte behaupten, er habe sogar dauerhaft im Auto geschlafen.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein vorbestrafter Straftäter ohne angemessene psychologische Begutachtung wieder in die Gesellschaft entlassen wird – mit tödlichen Folgen wie im Fall Elahe.
Bereits im Ordibehesht 1403 (April/Mai 2024) wurde berichtet, dass ein 66-jähriger Mann, der 2019 die 15-jährige Shima Sabagardi ermordet und in seinem Haus vergraben hatte, durch Begnadigung der Familie und Strafminderung aus der Haft entlassen wurde.
Shimas Stiefvater sagte: „Als wir mit der Polizei sein Haus durchsuchten, fanden wir Schmuck und Kleidung von Mädchen. Alles wurde dokumentiert, aber die damalige Sachbearbeitung war nachlässig.“
Wenn Elahe eine Demonstrantin gewesen wäre, hätte man sie schneller gefunden.
Zehn Tage nach ihrer Vermisstenmeldung wurde Elahe Hosseinnejads Leiche entdeckt – erst nachdem zahlreiche Menschen gemeinsam mit ihrer Familie Online-Kampagnen gestartet hatten.
Sie verschwand in einem der belebtesten Bezirke Teherans, auf dem Azadi-Platz. Die Tatsache, dass es keine einzige Kameraufnahme von ihr dort gab, erzürnte die Öffentlichkeit.
Viele Nutzer wiesen darauf hin, dass die Islamische Republik nach den „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten stark in Überwachung investiert habe. Es werde mit Gesichtserkennung gearbeitet, um Frauen ohne Schleier zu identifizieren – und doch gebe es kein einziges Bild von einem der letzten Momente im Leben von Elahe?
Ein ähnlicher Fall betrifft Sama Jahanbaz, die kurz vor den Protesten 2022 in einem belebten Viertel von Schiras verschwand. Ihre Angehörigen durften laut Berichten 15 Tage lang nicht öffentlich über das Verschwinden sprechen. Drei Jahre später gibt es noch immer keine Spur von ihr.
Aufruf für Elahe: Sie steht für Tausende iranischer Frauen
Elahe Hosseinnejad ist nicht nur ein Name oder ein Gesicht – ihr Tod steht sinnbildlich für viele Frauen in Iran. Besonders Frauen in den Außenbezirken Teherans berichten, dass sie sich in illegalen Taxis oder sogar in offiziellen Internet-Taxis unsicher fühlen.
Ein Nutzer schrieb auf X, dass es in Stadtteilen wie Yaftabad, Mehrabad, Nematabad und Islamshahr keine offiziellen Taxis gebe. Menschen müssten auf private Autos zurückgreifen. Viele Frauen hätten inzwischen Strategien entwickelt, um ihre Sicherheit zumindest teilweise zu erhöhen:
„Nenne dem Fahrer nicht zuerst dein Ziel. Frag ihn, wohin er fährt. Sitze möglichst hinten. Sei nicht die erste, die einsteigt. Zahle möglichst früh per Online-Überweisung, um eine digitale Spur zu hinterlassen, und sende den Namen des Fahrers an eine Vertrauensperson.“
Andere Frauen beschrieben Elahe als Symbol für jene, die unter Armut, Arbeitslosigkeit und Unsicherheit leiden – und deren Leben vom System ignoriert wird.
Sie kündigten an, eine öffentliche Traueraktion zu veranstalten – für Elahe und all jene Frauen, die „im Schweigen getötet“ werden.
In sozialen Netzwerken werden viele ihr Profilbild gegen ein Bild von Elahe austauschen – als Zeichen, dass dieser Trauerfall nicht abgeschlossen ist, sondern ein Symbol für ein andauerndes Problem bleibt.
Krise der Raubüberfälle und Unsicherheit laut Behörden
Laut der iranischen Polizei hat sich die Zahl der Straßenraube aufgrund der Wirtschaftskrise in Iran innerhalb eines Jahres verdoppelt.
Mohammad Bathaei, stellvertretender Innenminister, sagte nach dem Mord an Amir Mohammad Khaleghi (Student, ermordet bei einem Raubversuch im Februar 2025):
„Negative Wirtschaftswachstumsraten, Arbeitslosigkeit, Inflation und familiäre Notlagen tragen wesentlich zur Zunahme der Kriminalität bei.“
Die iranische Statistik zeigt:
Raubüberfälle auf Privatimmobilien stiegen von 2011 bis 2021 um 170 %,
auf Geschäfte um 530 %,
auf staatliche Einrichtungen um 600 %.